Reminiszere – Gedenke – heißt der zweite Sonntag in der Passionszeit. Eine Aufforderung, die man im ersten Moment doch schnell auf die Menschen, auf sich selbst beziehen mag. „Gedenke des Sabbattages“ ist einer der Sätze, der bestimmt manchen noch aus Schule oder Konfirmand:innenunterricht im Gedächtnis ist. Vergesslich sind wir, denken nicht immer an das, was wichtig ist. Deshalb ist es nötig, immer wieder daran erinnert zu werden: „Gedenke!“
Der 25. Psalm, aus dem der Name des Sonntags sich ableitet, spricht aber Gott an mit diesem „Gedenke“. Eine Aufforderung an Gott, sich zu erinnern: Gedenke, Herr, an deine Barmherzigkeit und an deine Güte, die von Ewigkeit her gewesen sind. (Psalm 25,6)
Der Psalm ist ein Gebet des Königs David. Kein Mensch, der frei von Fehler, frei von Schuld gewesen wäre – ganz im Gegenteil. Immer wieder erzählt die Bibel davon, wie David sich etwas zu schulden kommen lässt. Wie er Ehebruch begeht und den betrogenen Ehemann zum Sterben in den Krieg schickt. Wie er versucht mit allen Mitteln seine Macht zu festigen.
Und David weiß das, und er bittet Gott deshalb: An meine Vergehen sollst du nicht denken – auch nicht an die Sünden aus meinen Jugendtagen! Denk so an mich, wie es deiner Güte entspricht! Du meinst es doch gut mit mir, Herr. (Psalm 25,7)
Muss David Gott wirklich daran erinnern, dass er es gut mit ihm, dass er es doch gut mit uns meint? Müssen wir Gott an seine Barmherzigkeit erinnern? Ist Gott sonst nicht barmherzig?
Sicher nicht, denn die Barmherzigkeit gehört, wie die Liebe, zum Wesen Gottes selbst. Und doch dürfen wir ihn erinnern, dürfen es ihm und uns ins Gedächtnis rufen, dass Gott bei uns ist.
Dürfen Gott in diesen ungewissen Tagen klagen, wenn wir nichts von Nähe, Barmherzigkeit und Liebe spüren und darum bitten: lass uns etwas davon erfahren, wie du bei uns bist, wie du bei den Menschen bist, die Leid, Not und Krieg erfahren: Gedenke, Herr, an deine Barmherzigkeit und an deine Güte, die von Ewigkeit her gewesen sind. (Psalm 25,6)
Bibeltexte aus: Lutherbibel, revidiert 2017, © 2016 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart und BasisBibel, © 2021 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart